Anne Corvey: Camera inversa | Eine Frau von fünfzig Jahren 10/08
War der Wunsch zu schreiben ein Ausweg? Der Wunsch sich von den Wünschen der anderen zu emanzipieren. Wenigstens einmal sich erbauen aus Eigenem. Ob es gelang? Um so ärgerlicher, dachte Claire, dass dieses Frauenthema sich nun immer vehementer zu Wort meldete. Der Störfall. Der Ort schien eine gewaltige Rolle zu spielen. Der, an den man sich stellte, oder der, an dem man stand – je nachdem. Er war Humus. Alles konnte man aus ihm hervorgehen lassen. Der Wunschort. Jeder reale Ort aber, der sich zum Wunschort mauserte, barg Gefahr. Die Gefahr der Abhängigkeit und die Gefahr der Lotophagen. Der Ort musste in ihr erstehen. Ein innerer Raum, den es zu erzeugen und zu schützen galt. A woman must have money and a room of her own if she is to write fiction; and that, as you will see, leaves the great problem of the true nature of woman and the true nature of fiction unsolved... At any rate, when a subject is highly controversal – and any question about sex is that – one cannot hope to tell the truth. One can only show how one came to hold whatever opinion one does hold.
A room of one’s own war zum Topos geworden, ging es um die schriftstellerische Produktion von Frauen. Den Rest des Zitats ließ man/frau lieber weg, da er die Aussage relativierte in diesem Feld der Verweise und Inanspruchnahmen, das Claire an kindliche Geburtstagsspiele erinnerte. Stille Post. Meist kam am Ende etwas ziemlich Absurdes heraus.
Jeder Schreibende wusste viel zu berichten von diesem Raum, der Schutzraum und Falle zugleich war. Von der Krise des Schreibens als Suche nach dem Ich zur Krise des Schreibens als Suche nach dem Anderen zur Krise des Schreibens als Suche nach dem Schreiben zur Krise des Schreibens als Suche nach der Aufhebung des Schreibens zur Krise...
   © Acta litterarum 2009