Hin und wieder hatte Claire der Versuchung nicht widerstehen können, hinter Rosa her zu schleichen und sie heimlich zu beobachten. Die verschwörerischen oder wissenden Blicke, die Rosa ihr bei einer Begegnung vor dem Haus zuweilen zuwarf – das Haus der Großmutter und das, in dem sich Rosas Zimmer befand, lagen unmittelbar nebeneinander –, ließen Claire erröten und daran zweifeln, dass Rosa von der Observierung nichts mitbekommen haben sollte. Hatten sie je darüber gesprochen? Claire konnte sich nicht erinnern. Alles verblieb in einer grauen Zone, von der sich nur die auf- und absteigende Figur von Zeit zu Zeit scharf abhob. Mitunter wird es hell auf den Fluren, doch das Halbdunkel ist ihre Lieblingsfarbe. Irgendwann gab es Rosa nicht mehr. War sie zu alt geworden für diese Tätigkeit, war sie erkrankt und gestorben? Claire konnte ihre Erinnerung befragen so oft sie wollte, jedesmal stieß sie auf das schwarze Loch, das die Person Rosa unwiderruflich verschlungen hatte. Lichtscheuer Kummer. Glocken läuten und Rosenkranz beten. Perpendikuläre Personen wie Rosa bilden ein Gegengewicht zu den steil aufstrebenden Karrieristen und Erfolgsmenschen und waren von einem geraunten Geflecht aus Geschichten umgeben – damals zumindest. Cèst une personne volatile. Un grand ma­chi­ne d'interprétation est in­stal­lé – sie bedeckt die ganze Welt wie ein Netz aus Worten, zusammengehalten durch ein System. Figuren der ewigen Wiederkehr. Sie waren selten geworden heute oder dem Auge der Öffentlichkeit enteilt. Wer weiß.