Acta litterarum
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Eine Frau von fünfzig Jahren
Camera inversa
Renate Solbach: Camera inversa | Eine Frau von fünfzig Jahren 8/14
Die Anklage wurde zudem getragen von psychoanalytischen Vorstellungen, die allen das Leben erschwerenden Übeln einen Ursprung in der Kindheit zusprachen und damit natürlich eine nie zu eliminierende Grundschuld den Müttern übertrug.
Die Psychoanalyse ist ein Spiegelei, das du dir gerne in die Pfanne schlagen kannst, weil bei dir das Leben ist - sagte der das Geld in seiner Wohnung herumstreuende Analytiker.
Dennoch – der Text ließ nicht erkennen, ob eine übermächtige oder verachtete Mutter oder eigene, in sich erspürte, aber nicht zugelassene Neigungen die Basis dieser vehement vorgetragenen Klage bildeten. Es war die Sprache der unbefleckten Empfängnis. Die Geistgeburt. Athene, dem Kopf des Zeus entsprungen.
Der Geistige aber ist - vielleicht nicht der Zeugende - sicherlich aber der ohne schwanger zu werden empfängt. Wie für das Weib unbefleckte Empfängnis die überschwengliche Idee von Reinheit ist, so ist Empfängnis ohne Schwangerschaft am tiefsten das Geisteszeichen des männlichen Genius. Es ist an einem Teile ein Strahlen.
Nicht doch. Zuviel der Ehre,
des Danks begehr’ ich nicht, Madame
. Claire sah die Doppelgestalt aus den Anfängen der abendländischen Kultur, aus dem ersten homerischen Gesang deutlich vor Augen.
© Acta litterarum 2009