Renate Solbach: Camera inversa
| Klytämnestras Gefangene 25/1
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Hannah
lauschte dem alternden Schriftsteller mit einer Mischung aus
Verwunderung und wachsender Beklommenheit, die sich ihr nicht
erschließen wollte. Sein Tremolo hatte eine andere Färbung angenommen.
Angestrengt dachte sie nach. War sie willentlich in diese Situation
geraten? Schließlich war das, was
die Philosophen den Willen nannten, die Straße des Schmerzes. Um sich
zu erlösen, ging jeder den für ihn ummauerten Weg. Die Kausalreihen fügen sich zusammen, um sich zum Unglück zu verweben. – Will sich mir nichts zu nichts verbinden.
Mit
seinen weit ausholenden Gebärden durchmaß der Schriftsteller den Raum,
als inszeniere er einen rituellen Tanz. Auch sein Mund bewegte sich
unablässig, aber an Hannahs Ohr drang kein Wort. Einige Lautfetzen hie
und da, deren Bedeutung dunkel blieb, das Gefühl stetig wachsender
Bedrohung jedoch steigerten: Geschosse, die die Grenze passierten, ohne
das Bewusstsein zu streifen. Die Zeit stand still oder war abhanden
gekommen.
Leise tönend
stimmt er sich ein
spannt kühn den gläsernen Bogen
die Pfeile sicher verwahrt
meidet der Jäger das Wild.