Anne Corvey: Camera inversa | Klytämnestras Gefangene 25/3
Hannah wurden ihre Gedanken fremd und fremder. Wer dachte da? Was wurde hier getrieben? Besitz oder Bezug? War sie der Ball in einem Spiel, mit unbekannten Regeln? Oder war sie der designierte, zum Scheitern verurteilte Fänger? Irgendwie musste sie dort hineingeraten sein. Ein Pausenhofspiel. Sie hatte es schon damals gehasst. Das Ziel war, auf die andere Seite zu gelangen. Welche Seite aber war die andere? War es wichtig, auf welcher der Seiten sie stand? Fehlte ihr wirklich nur die Kenntnis der Regeln? Sie hatte noch nie Lust gehabt, nach fremden Regeln zu spielen. Auf jeden Fall – sie konnte sich des Eindrucks nicht länger erwehren – war sie die Gefoppte. Der Hermeneut rang mit einem Gegner, den auszumachen sie nicht imstande war. Das Ringen fand aber nicht nur in seinen Worten und Gesten statt, es hatte sich in ihren Gedanken eingenistet, die nun so fremd daherkamen. Hannahs Zorn erwachte. Sie fühlte sich düpiert, ohne zu wissen, durch wen oder was.

Wer sich entleibt, der bringt
sich um das Beste; ein Satz, mit
Rasierklingen in den Boden der Tat-
Sachen geschnitten, die keine halben unter sich dulden. Sicher
lebt es sich ganz. Oder gar nicht.
   © Acta litterarum 2009